Johanna Odebrecht

Johanna Philippina Odebrecht (11.09.1794 - 14.04.1856)

Johanna Odebrecht gilt als Stifterin mehrerer wohltätiger Einrichtungen in Greifswald. Mariana Philippina Johanna Odebrecht wurde am 11. September 1794 als Tochter des Ratsverwandten und späteren Bürgermeisters Dr. Johann Hermann Odebrecht in Greifswald geboren. Ihre Mutter, die sie schon sehr früh verlor, war Christina Ilsabe Carolina, geb. Weißenborn. Bei einem Unglücksfall verletzte sich Johanna in früher Kindheit so stark, daß sie das ganze Leben lang an einer Rückgratverkrümmung litt. Später verlor sie ebenfalls durch einen Unfall ein Auge. «In dieser äußerlich unscheinbaren Gestalt brannte ein Herz von erbarmender Liebe für ihre Mitmenschen.» Sie kümmerte sich im Besonderen um Arme und Kranke, vor allem aber um verlassene Kinder in ihrer Heimatstadt. Für die Letzteren gründete sie 1828 eine Armenschule, die sie aus eigenen Mitteln finanzierte. Dort herrschte ein strenges Regiment. Sie begann mit ungefähr zwanzig Töchtern aus dem Arbeiterstand, die in ihrem Haus in der Wollweberstraße Handarbeiten, Hauswirtschaft u.a.m. lernten. Besonderen Wert legte Johanna Odebrecht auf eine christliche Erziehung der Mädchen, die zum Teil der Gefahr der sittlichen Verwahrlosung ausgesetzt sein sollten. Teilweise unterrichtete sie selbst nach sehr strengen Methoden, die ihr viel Kritik von Seiten der Stadt oder auch der Eltern einbrachten. Auf eigene Kosten stellte sie Lehrpersonal ein, das die Mädchen ebenfalls «zu brauchbaren sittlichen Dienstboten» heranbilden sollte. Die Schülerinnenzahl wurde bald auf fünfzig erweitert. Später erfolgte die Umwandlung der Schule in eine Erziehungsanstalt mit fast klösterlicher Zucht und Strenge, die noch 30 Jahre über ihren Tod hinaus bestand. In ihren letzten Lebensjahren errichtete Johanna Odebrecht in Gemeinschaft mit dem Grafen Recke-Volmcrstein auf dem Gut Kraschnitz bei Militsch in Schlesien ebenfalls ein Rettungshaus für sittlich verwahrloste Mädchen. Dort starb sie auch im Jahre 1856. Per Testament hatte Johanna Odebrecht am 7. Juli 1848 verfugt, daß ihre Schule in Greifswald weitergeführt werden sollte. Nach dem Vorbild des Rauhen Hauses in Hamburg sollte eine Rettungsanstalt für arme Mädchen aus Greifswald und der Provinz Pommern gegründet werden. So stammt der Grundstock für die Häuser der Johanna-Odebrecht-Stlftung auch aus deren Legaten. Der Bau begann 1901 mit Unterstützung der Provinzialregierung. Im Jahre 1902 wurde auf dem 7,5 ha großen Gelände an der Gützkower Landstraße das erste Gebäude seiner Bestimmung übergeben. Hier wurden 35 Mädchen zwischen 14 und 18 Jahren aufgenommen. Schließlich wohnten im Herbst 1904, als das dritte Fürsorgegebäude fertig gestellt worden war, 120 minderjährige Mädchen in der Stiftung. Sie lebten in Wohngruppen zu je 12 Personen, die jeweils von einer Schwester betreut wurden. Die Schülerinnen lernten Waschen, Nähen, Plätten, aber auch Tätigkeilen im Garten und auf dem Feld auszufuhren. Zeiten für Gottesdienste, Spiel und Erholung waren fest verankert. So sollte die Individualität der Mädchen berücksichtigt werden. Zwei Jahre blieben diese in der Stiftung, dann sollten sie sittlich gefestigt» und in der Lage sein, sich ihr Brot selbst zu verdienen. Vielen verwaisten und verwahrlosten Töchtern aus dem vierten Stand wurden so durch Johanna Odebrechts Lebenswerk in den von ihr unterhaltenen Anstalten Lebenshilfe und - Halt gegeben.

 

Aus „Greifswalderinnen in Licht und Schatten“ v. A. Höfs, A. Sandmann, U. Boback-Askri, 2000

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